Kronos-Mitarbeit als Anklagegrund: Güneş und die Schattenseiten der türkischen Justiz

Deutsch-Kurde Hüseyin Güneş wurde in der Türkei wegen seiner Kronos-Mitarbeit willkürlich verhaftet, und sein Fall enthüllt die Fragwürdigkeiten der dortigen Justiz. Der Mann erlebt das Freikaufsystem der türkischen Justiz hautnah vor Ort.

KRONOS 06 Ocak 2024 DE

Foto: huseyingunes.de

In einem alarmierenden Fall von Willkürjustiz gerät ein Deutsch-Kurde in der Türkei aufgrund seiner Mitarbeit bei der Online-Nachrichtenseite Kronos in die Mühlen der Justiz. Hüseyin Güneş, deutscher Staatsbürger und Grafikdesigner, erlebt eine beispiellose Odyssee, die auf fragwürdigen Anschuldigungen und politischen Verstrickungen beruht.

Der Vorfall, der Ende Oktober begann, fand seinen Höhepunkt bei der Passkontrolle am Flughafen Dalaman, als Güneş wegen angeblicher Terrordelikte festgenommen wurde. Die Anklage stützt sich auf seine Mitarbeit bei Kronos und basiert auf einer anonymen Anzeige bei der Polizeiabteilung für Cyberkriminalität. Die Dreitagehaft in Mugla, während der Güneş wiederholt wegen seiner Kronos-Verbindung vernommen wurde, verdeutlicht die politisch motivierte Dimension dieses Falls.

Kronos, ein Medium von Exil-Journalisten, gerät ins Zentrum der Anschuldigungen. Ein Screenshot von der Twitterseite der Nachrichtenseite, auf dem ein islamistischer Prediger abfällige Kommentare über einen Gülenisten abgibt, wird als zweifelhafter Beweis für Güneş’ angebliche Mitgliedschaft in der als Terrororganisation eingestuften FETÖ präsentiert. Chefredakteur Doğan Ertuğrul verurteilt die absurden Anklagen und betont, dass die Mitarbeit bei Kronos nicht als Straftat gelten sollte.

Die politische Dimension des Falles wird durch die Versuche der Polizei, Verbindungen zwischen Güneş und der PKK herzustellen, verstärkt. Die Fragen nach Kontakten zu Politikern der pro-kurdischen HDP zeigen, dass der Vorwurf politisch motiviert ist.

Die dramatischen Ereignisse nach Güneş’ Entlassung, sein verzweifelter Gang zum deutschen Generalkonsulat in Izmir und die Konfrontation mit dem “FETÖ-Börse”enthüllen die Schwächen der türkischen Justiz. “FETÖ-Börse” ist eine informelle Bezeichnung für ein System, das in der Türkei angewendet wird und auf dem Prinzip basiert, dass Personen, denen die Mitgliedschaft in der als terroristisch eingestuften Fethullah Gülen-Bewegung (FETÖ) vorgeworfen wird, sich durch Zahlung von erheblichen Geldsummen freikaufen können. Der Bericht im Frankfurter Rundschau verdeutlicht, wie Menschenrechtsorganisationen schon lange vor einer Willkürjustiz in der Türkei warnen. Güneş’ Aussage, dass er nie wieder in die Türkei reisen möchte, unterstreicht die Enttäuschung über die eigene Heimat und die mangelnde Unterstützung durch die deutsche Auslandsvertretung.

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