FDP gespalten: Deutsche Politiker uneins über Erdoğans Besuch

Die mögliche Deutschlandreise des türkischen Präsidenten Erdoğan sorgt für Kontroversen. FDP-Generalsekretär Djir-Sarai äußert schwere Bedenken wegen Erdoğans Haltung gegenüber Israel und der Hamas, während FDP-Politikerin Strack-Zimmermann für den Dialog plädiert. Die Diskussion über den Besuch spaltet die deutsche Politik.

KRONOS 03 Kasım 2023 DE

Foto: Depo Photos

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat schwere Bedenken gegen einen möglichen Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland angemeldet. “Erdoğans permanente Hassreden gegen Israel und seine Solidarität mit der Terrororganisation Hamas sind unerträglich. Das muss Konsequenzen haben und darf von der Bundesregierung nicht ignoriert werden”, sagte Djir-Sarai am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Eine für November geplante Reise sei “in diesem Zusammenhang außerordentlich problematisch”. “Es ist mehr als fraglich, ob wir den türkischen Staatspräsidenten vor diesem Hintergrund in Deutschland empfangen sollten”, sagte der FDP-Politiker.

Seine Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fände einen Erdoğan-Besuch hingegen richtig. “Die Aussagen von Erdoğan sind schrecklich, auch dass er hier den Glaubenskampf ausruft – wir sind ja hier nicht im Mittelalter”, sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin am Rande einer Ukraine-Mahnwache in Berlin. “Aber es ist wichtig, im Gespräch zu bleiben.” Nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel dürfe es keinen Flächenbrand in der Region geben. Da spiele Erdoğan eine Rolle. Die Bundesregierung müsse auf ihn einwirken. “Man muss sich an einen Tisch setzen”, sagte sie. Später fügte Strack-Zimmermann hinzu: “Allerdings sollte über den richtigen Zeitpunkt dazu diskutiert werden. Momentan ist es schwierig.”

Ein Termin für eine Reise Erdoğans ist bislang offiziell nicht bestätigt. In Berlin kursieren Planungen für einen Zeitraum in der zweiten Novemberhälfte.

Karaahmetoğlu: “Er relativiert den Inbegriff terroristischer Taten”

Erdoğan hat das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen, das eine Reaktion auf das Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober in israelischen Grenzorten ist, mehrfach scharf kritisiert. “Westlichen Regierungen” war er vor, hauptsächlich für die “Massaker” im Gazastreifen verantwortlich zu sein. In der vergangenen Woche sagte er vor Anhängern seiner islamisch-konservativen Partei AKP in Ankara auch: “Hamas ist keine Terrororganisation, sondern eine Befreiungs- und Mudschaheddin-Gruppe, die für den Schutz ihres Landes und ihrer Bürger kämpft.”

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu, Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, kritisierte Erdoğan scharf. “Er relativiert den Inbegriff terroristischer Taten, das Ermorden und Abschlachten unschuldiger Menschen”, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. Bundeskanzler Olaf Scholz werde Erdoğan in aller Klarheit sagen, “dass es absolut untragbar ist, die Verbrechen der Hamas kleinzureden”.

Der Grünen-Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky sagte: “Bundeskanzler Scholz und die anderen westlichen Regierungschefs müssen alles tun, um Herrn Erdoğan beizubringen, dass er seine antisemitische und anti-israelische Propaganda einstellen muss.”

Von deutscher Seite gab es in früheren Jahren schon die Befürchtung, Erdogan könne mit aggressiver Rhetorik auch zu Spannungen innerhalb Deutschlands beitragen – teils im Rahmen des eigenen Wahlkampfes. Am 18. November spielen im Berliner Olympiastadion die Fußballnationalmannschaften von Deutschland und der Türkei gegeneinander.

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